Sonne, Seife, Schadstoffe

Was die Haut belastet

Menschen, die im Freien oder in „Feuchtberufen“ arbeiten, sind für Hauterkrankungen besonders anfällig. Im Interview erklärt der Dermatologe Dr. Michal Gina aus dem Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV (IPA), welche Präventionsmaßnahmen helfen und welchen Einfluss das Tragen von Schutzhandschuhen auf die Hautgesundheit hat.

Interview: Holger Toth (Redaktion)

AUF DEN PUNKT:

  • Hauterkrankungen werden vor allem durch Kontakt mit Stoffen und durch UV-Strahlung ausgelöst
  • Präventionsmaßnahmen: Schutzausrüstung und Sonnenschutz sowie arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen
  • Studie untersucht, welchen Einfluss Handcreme nach dem Tragen von Handschuhen auf die Empfindlichkeit der Haut hat

Welche Hauterkrankungen beobachten Sie am häufigsten in der Arbeitswelt?
Dr. Michal Gina: Als Dermatologe und Arbeitsmediziner beobachte ich zwei Hauptgruppen beruflich bedingter Hauterkrankungen: Kontaktekzeme – meistens irritative Handekzeme – und beruflich verursachten Hautkrebs durch natürliche UV-Strahlung.

Was sind die Ursachen für die Beschwerden?
Gina: Irritative Handekzeme treten besonders häufig bei Berufen mit intensivem Kontakt zu Wasser, Reinigungsmitteln und Chemikalien auf – wie im Friseurhandwerk, in Pflegeberufen, bei Beschäftigten in der Gastronomie oder in Kfz-Werkstätten. Die ständige Belastung schädigt die Hautschutzbarriere und führt zu Rötungen, Trockenheit und Rissen. Beruflicher Hautkrebs tritt häufig bei Menschen auf, die viel im Freien arbeiten. Zum Beispiel Beschäftigte in der Bau- oder Landwirtschaft, da sie regelmäßig der Sonne und damit der UV-Strahlung ausgesetzt sind. Die kumulative UV-Belastung ohne ausreichenden Schutz erhöht das Risiko für Hautschädigungen und Krebserkrankungen.

Welche Branchen oder Berufsgruppen sind besonders gefährdet, Hauterkrankungen zu entwickeln?
Gina: Bei entzündlichen Hauterkrankungen, die unter die Berufskrankheit mit der Nummer 5101 „Schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen“ fallen, sind es vor allem die sogenannten „Feuchtberufe“. Dazu gehören Berufe im Gesundheitswesen, in der Lebensmittelverarbeitung, im Metallbereich, im Friseurhandwerk und in der Bauwirtschaft. In diesen Berufen haben die Menschen häufig Kontakt mit Wasser oder Seifen und müssen ihre Hände oft waschen. Außerdem kommen sie mit reizenden oder gefährlichen Stoffen in Berührung. Bei Hauterkrankungen, die unter die Berufskrankheit mit der Nummer 5103 „Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“ fallen, sind vor allem Menschen, die im Freien arbeiten, wie in der Bau- oder Landwirtschaft, betroffen. Diese Berufsgruppen sind besonders gefährdet, beruflichen Hautkrebs zu entwickeln, da sie viele Stunden in der Sonne verbringen müssen.

Händewaschen war eine wichtige Hygienemaßnahme, die während der Corona-Pandemie immer wieder als Schutzmaßnahme aufgezeigt wurde. Welchen Einfluss hat das auf die Hautgesundheit der Hände?
Gina: Häufiges und gründliches Händewaschen ist ein wichtiges Mittel zur Vorbeugung von Infektionskrankheiten, wie während der Corona-Pandemie betont wurde. Allerdings kann es auch negative Auswirkungen auf die Hautgesundheit der Hände haben. Während der Pandemie haben wir einen deutlichen Anstieg von Handekzemen beobachtet, insbesondere bei Beschäftigten im Gesundheitswesen, die sich häufig die Hände waschen mussten. Aber auch in der allgemeinen Bevölkerung war ein Anstieg zu verzeichnen. Das liegt daran, dass durch häufiges Waschen die natürliche Schutzbarriere der Haut geschädigt werden kann, was zu Trockenheit und Rissen führen kann. Dies erhöht das Risiko für die Entwicklung von Handekzemen. Um die Hautgesundheit zu schützen, ist es wichtig, beim häufigen Händewaschen die Hautpflege nicht zu vergessen, und – wenn möglich – milde Seifen zu verwenden. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass die Desinfektion der Haut mit alkoholischen Hautdesinfektionsmitteln viel schonender ist.

Inwiefern beeinflusst der Umgang mit Gefahrstoffen die Hautgesundheit?
Gina: Der häufige Umgang mit Gefahrstoffen wie Reinigungs- oder Lösungsmitteln, kann die Hautgesundheit erheblich beeinträchtigen. Diese Stoffe sind oft toxisch oder reizend und können die Haut schädigen. Reinigungsmittel enthalten zum Beispiel Tenside, die die Haut reizen und die natürliche Schutzbarriere der Haut schwächen können. Dies kann zu Entzündungen und Ekzemen führen. Einige dieser Stoffe können sogar durch die Haut in den Körper gelangen und die allgemeine Gesundheit gefährden. Daher ist es wichtig, beim Umgang mit solchen Stoffen geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen, wie das Tragen von Handschuhen sowie Schutzkleidung und das Arbeiten in gut belüfteten Bereichen, um die Haut und die Gesundheit insgesamt zu schützen.

Wie können sich Beschäftigte vor Hauterkrankungen schützen?
Gina: Wichtigste Präventionsmaßnahmen sind regelmäßiger Hautschutz, geeignete Schutzausrüstung, Sonnenschutz und arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen. Ziel der Vorsorgeuntersuchungen ist es, den Hautschäden vorzubeugen beziehungsweise sie frühzeitig zu erkennen und weitere Schädigungen zu vermeiden.

Foto: Bernd Naurath, IPA

Was können und müssen Arbeitgeber gegen die Entstehung von Hauterkrankungen bei ihren Beschäftigten tun?
Gina: Berufliche Hauterkrankungen treten häufig auf, weil viele Berufe den Kontakt mit reizenden Stoffen oder intensiver Sonneneinstrahlung erfordern. Um dies zu verhindern, ist Prävention entscheidend. Arbeitgeber sind verpflichtet, ihren Beschäftigten alle notwendigen Schutzmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Diese Maßnahmen folgen dem STOP-Prinzip. Das bedeutet:

  • Substitution: Gefährliche Stoffe durch weniger schädliche ersetzen.
  • Technische Maßnahmen: Maschinen und Geräte einsetzen, die den direkten Kontakt mit schädlichen Stoffen vermeiden.
  • Organisatorische Maßnahmen: Arbeitsabläufe so gestalten, dass Risiken minimiert werden.
  • Persönliche Schutzmaßnahmen: Schutzkleidung und -ausrüstung bereitstellen, wie Handschuhe oder Sonnenschutz.

Beschäftigte müssen diese Schutzmaßnahmen beachten und konsequent umsetzen, um das Risiko von Hauterkrankungen zu minimieren.

Mit welchen Strategien stellen Unternehmen fest, ob ihre Mitarbeiter gefährdet sind?
Gina: Um Hauterkrankungen vorzubeugen, sollten Unternehmen zunächst eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Dabei werden die potenziellen Gefahren am Arbeitsplatz identifiziert und die notwendigen Schutzmaßnahmen nach dem oben genannten STOP-Prinzip abgeleitet. Des Weiteren sind regelmäßige Schulungen und Unterweisungen wichtig, damit die Beschäftigten genau wissen, wie sie sich schützen können. Dieser Prozess sollte idealerweise von Arbeitsmedizinern und/oder Fachkräften für Arbeitssicherheit unterstützt werden, um sicherzustellen, dass alle Maßnahmen effektiv und auf dem neuesten Stand sind. Durch diese präventiven Strategien können Unternehmen das Risiko von Hauterkrankungen erheblich reduzieren.

Wie wichtig ist die Zusammenarbeit zwischen Dermatologen, Betriebsmedizinern und Unternehmen für den Erfolg von Präventionsmaßnahmen?
Gina: Diese Zusammenarbeit ist entscheidend für den Erfolg von Präventionsmaßnahmen. Der Arbeitgeber ist primär für die Sicherheit im Unternehmen verantwortlich und sollte nach Möglichkeit die Unterstützung von Betriebsmedizinerinnen und Betriebsmedizinern in Anspruch nehmen. Durch diese Zusammenarbeit können viele berufliche Gefährdungen und Erkrankungen vermieden oder auf einem niedrigen Niveau gehalten werden, sodass die Arbeit sicher fortgesetzt werden kann.

Was ist zu tun, sollten trotz der Maßnahmen Hauterkrankungen auftreten?
Gina: Wenn sich trotz Präventionsmaßnahmen berufsbedingte Hauterkrankungen entwickeln, die nicht einfach abheilen, sollte ein Dermatologe oder eine Dermatologin hinzugezogen werden. Diese können gegebenenfalls das sogenannte Hautarztverfahren einleiten, das eine angemessene Behandlung und Beratung des Beschäftigten umfasst. Ein effektiver Informationsaustausch zwischen Dermatologen und Betriebsmedizinern ist wichtig, um den ­Arbeitsplatz ­optimal anzupassen und die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen. Dieser Prozess wird von den zuständigen Unfallversicherungsträgern unterstützt, um sicherzustellen, dass alle Maßnahmen effektiv umgesetzt werden.

Welchen Einfluss hat die häufige Nutzung persönlicher Schutzausrüstung (PSA) auf die Hautgesundheit?
Gina: Die konsequente Nutzung von PSA, wie beispielsweise Schutzhandschuhe, ist entscheidend für den Schutz der Haut vor Gefahrstoffen. Sie verhindern den direkten Kontakt mit schädlichen Substanzen und reduzieren so das Risiko von Hautschäden. In den vergangenen Jahren hat sich unser Verständnis der Auswirkungen von Handschuhen auf die Hautgesundheit verändert. Unter anderem haben die Studien des IPA gezeigt, dass das Tragen von Handschuhen allein die gesunde Haut nicht unbedingt schädigt. Allerdings kann das Tragen von Handschuhen die Haut empfindlicher machen. Wenn zusätzliche Belastungen wie häufiges Händewaschen hinzukommen, kann dies die Entwicklung von irritativen Ekzemen begünstigen. Besonders bei bereits geschädigter Haut können sich im Verlauf auch allergische Reaktionen ausbilden. Zu bedenken ist auch, dass Schutzhandschuhe potenzielle Allergene enthalten können, die bei manchen Menschen allergische Reaktionen hervorrufen. Ein Beispiel dafür wären Latexhandschuhe, die vor allem in der Vergangenheit viele allergische Reaktionen bedingt haben.

Welche Hautprobleme können auftreten, wenn PSA nicht korrekt angewendet wird?
Gina: Wenn die persönliche Schutzausrüstung nicht korrekt angewendet wird, besteht das Risiko, dass die Haut direkt mit Gefahrstoffen in Kontakt kommt. Dies kann zu verschiedenen Hautproblemen wie Reizungen, Entzündungen oder Ekzemen führen. Bei längerem oder wiederholtem Kontakt können sich ernsthaftere Hauterkrankungen entwickeln. Da­rüber hinaus können einige Gefahrstoffe durch die Haut in den Körper gelangen und die allgemeine Gesundheit gefährden. Dies kann zu systemischen Gesundheitsproblemen führen, die über die Haut hinausgehen. Daher ist es wichtig, PSA konsequent und korrekt zu verwenden, um die Haut und die Gesundheit insgesamt zu schützen.

Gibt es aktuelle Projekte, die sich mit einer Verbesserung des Hautschutzes beschäftigen?
Gina: Das IPA verfügt über Expertise in der Erforschung der sogenannten Feuchtarbeit. Unsere Untersuchungen konnten nachweisen, dass das Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen die Hautempfindlichkeit erhöht, aber selbst nicht hautschädigend ist. Dies konnte bereits in der Praxis umgesetzt werden, indem die Definition von Feuchtarbeit in der aktuellen Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 401 geändert wurde. Aktuell wertet das Referat Berufsdermatologie des IPA eine Studie aus, in der es um die Rolle von Hautschutzmitteln in Kombination mit dem Tragen von Handschuhen geht. Ziel der Studie ist es, herauszufinden, inwieweit Hautschutzcremes, die nach dem Tragen von Handschuhen aufgetragen werden, die Empfindlichkeit der Haut reduzieren können, die durch das Tragen von Handschuhen entsteht. Diese Forschung könnte wichtige Erkenntnisse liefern, um den Hautschutz am Arbeitsplatz zu verbessern und das Risiko von Hauterkrankungen zu verringern.

ZUR PERSON

Hautarzt Dr. Michal Gina leitet beim Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV (IPA) das Referat für Berufsdermatologie. Dort werden Untersuchungen und Studien zu beruflich bedingten Hauterkrankungen durchgeführt. Zusätzlich berät das Referat die Unfallversicherungsträger zu berufsbedingten Hautkrankheiten.