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BGM – ein wichtiger Baustein
In Krisenzeiten sind Unternehmen mehr denn je gefordert, das körperliche und seelische Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter im Auge zu behalten. Experten sind sich einig: Im Wettbewerb um den Erfolg nimmt ein strategisches betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) eine immer größere Rolle ein.
Als Unternehmensberater ist Burkhard Knoch seit mehr als zehn Jahren im Gesundheitsbereich tätig. Er ist überzeugt: Mehr denn je bedarf es nun eines strategischen betrieblichen Gesundheitsmanagements. Nicht nur, um präventiv und korrektiv Arbeitsprozesse und individuelle Verhaltensweisen gesundheitsorientiert weiterzuentwickeln, sondern auch, um die Bindung ans Unternehmen zu verstärken. „Mit den richtigen Methoden kann es gelingen, das Wohlbefinden und die Produktivität der Mitarbeiter zu erhöhen“, sagt Burkhard Knoch. Seit Januar 2018 leitet der Diplom-Psychologe bei der SWB AG (ehemals Stadtwerke Bremen) das Kompetenzzentrum Gesundheit. „Inzwischen ist es für unseren Konzern auch ein wichtiges Mittel zur Gewinnung von Fachkräften geworden. Daher handelt es sich um eine Win-win-Situation, denn gesunde Mitarbeiter sind das Kapital eines jeden erfolgreichen Unternehmens“, lautet seine Einschätzung.
VORSTAND ALARMIERT:
FEHLZEITENQUOTE MIT 20 PROZENT
ÜBER BRANCHENBENCHMARK
Zwischen 2013 und 2017 verzeichnete die SWB AG einen enormen Anstieg an krankheitsbedingten Fehltagen bei ihren rund 2.500 Beschäftigten. Dass die Fehlzeitenquote mit 20 Prozent über dem Branchenbenchmark der Energieversorger lag, sah der Vorstand unter anderem als Indikator für eine unzureichende BGM-Strategie.
Höchststand an Fehltagen
Laut BKK-Gesundheitsreport 2019 hat die Anzahl der krankheitsbedingten Fehltage im Jahr 2018 einen neuen Höchststand erreicht: Lag der Wert 2017 bei 17,7 Tagen, fehlten Beschäftigte im Folgejahr durchschnittlich 18,5 Tage. Nahezu einen ganzen Monat fallen Arbeitnehmer damit aus gesundheitlichen Gründen aus. Fast ein Drittel der Ausfallzeit ist auf Muskel- und Skeletterkrankungen zurückzuführen. Die größte Zunahme ist jedoch bei psychischen Störungen zu verzeichnen. Waren es 2008 noch anteilig 5,5 Prozent, lag der Wert im Jahr 2018 bei 15,7 Prozent. Damit hat sich die Anzahl der Fehltage aufgrund psychischer Störungen in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt.
ZENTRALER SCHLÜSSEL IST DIE EINBINDUNG UND SCHULUNG VON FÜHRUNGS-KRÄFTEN
„Man kann schon einiges mit Sportangeboten und gesundheitsorientierten Workshopangeboten erreichen. Uns war jedoch daran gelegen zu eruieren, welche Ursachen für welche Abteilung prägnant sind, um besser auf die sich abzeichnenden Schwierigkeiten reagieren zu können“, sagt Burkhard Knoch.
Mit der von ihm entwickelten Innovationsoffensive setzt die SWB AG seither verstärkt auf gezielte Datenanalyse und einbindende Dialogkultur bei den Führungskräften. Das betriebliche Gesundheitsmanagement hat im Unternehmen eine strategische Bedeutung. „Es ist in unseren festgeschriebenen Konzernzielen verankert“, sagt Knoch.
Zentraler Schlüssel sei die Einbindung und Schulung von Führungskräften. „Wir haben ein konzernumfassendes Selbstverständnis entwickelt, das ihnen als Leitfaden dient. Auf diese Weise können sie sich mit ihrer Rolle als gesundheitsorientierte Führungskraft bewusst identifizieren“, weiß Knoch zu berichten.
Die Einführung eines Gesundheitsindexes und die Ausstattung mit Tools und Data seien wichtige Hilfsmittel, um frühzeitig auf steigende Belastungen reagieren zu können. Der Kern des bisherigen Erfolges liegt in einem datenbasierten Managementprozess.
Um die Bedürfnisse der Arbeitnehmer besser zu erkennen und auch Arbeitsprozesse optimal zu gestalten, habe man sich entschieden, die im Allgemeinen selbstständig agierenden Bereiche Arbeitsschutz, Arbeitsmedizin und Gesundheitsmanagement zusammenzulegen. Neben Aspekten der seelischen und körperlichen Verfassung könne dadurch auch der Wunsch nach Veränderungsfähigkeit und perspektivischer Beschäftigungsfähigkeit berücksichtigt werden.
FEHLZEITENENTWICKLUNG
Die Einführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements soll den Wiedereinstieg von Langzeiterkrankten erleichtern. Dabei bewertet Burkhard Knoch die Entwicklung einer neuen Kommunikationskultur als maßgebliches Element, um Gesundheitsperspektiven im Unternehmen zu verankern und aktiv anzuregen. Mit Erfolg: Seit dem Start der Innovationsmaßnahmen verzeichnet der Bremer Energieversorger eine deutliche Trendwende bei den Fehltagen, die konstant anhält: In zweieinhalb Jahren hat sich die Quote um rund ein Viertel verringert. 2019 wurde der Konzern für sein neues BGM-Konzept mit dem HR Energy Award für Organisationsentwicklung und Nachhaltigkeit und mit dem Deutschen Personalwirtschaftspreis in der Sparte BGM mit Bronze ausgezeichnet.
Eine intensive und gezielte Kommunikation wertet auch Gesundheitsmanagerin Sophie Lampé als wichtigstes Tool, um ein gesundes Arbeitsklima zu fördern. Die stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Betriebliches Gesundheitsmanagement (BBGM) beobachtet seit Beginn der Corona-Pandemie jedoch einen deutlichen Rückgang an BGM-Maßnahmen. „Klar stehen jetzt vor allem mittelständische Unternehmen vor Existenzproblemen, sodass ihre Kapazitäten für BGM begrenzt sind. Dennoch ist es gerade jetzt wichtig, dass sie ihre Führungsrolle ausüben und das Wohl der Mitarbeiter besonders im Blick behalten.“ In Zeiten, in denen Arbeitnehmer mehr denn je mit seelischer Instabilität kämpfen würden, plädiert sie dafür, den Wert von betrieblichem Gesundheitsmanagement bei der Bewältigung dieser neuen Herausforderungen nicht außen vor zu lassen.
„Viele Beschäftigte sorgen sich um ihre berufliche Zukunft oder sie sind mit der Situation der Heimarbeit und den Veränderungen im Unternehmen überfordert. Die weltweit angespannte Situation verstärkt die Unsicherheit“, sagt Lampé und warnt: „Der gesunde Mitarbeiter ist jedoch ein nicht zu unterschätzender Wettbewerbsfaktor. Wenn wir BGM vernachlässigen, werden die Unternehmen geschwächter aus der Pandemie herausgehen.“
HOMEOFFICE: TRANSPARENZ IST BESONDERS WICHTIG
Im Hinblick auf das Arbeiten im Homeoffice erweise sich Transparenz einmal mehr als zentrale Ressource für Beschäftigte, wie es auf Nachfrage vom Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) heißt. Ein offener Umgang mit der Krisensituation kann zur Stärkung des Wohlbefindens der Mitarbeiter beitragen. Dieser Schutzeffekt habe dieselbe positive Auswirkung wie die Freude bei der Arbeit. Seit dem Durchbruch des Homeoffice gelte es nun, den gewohnten Arbeitsmodus neu auszuloten. Dabei sei das richtige technische Equipment längst nicht maßgebend. Die Herausforderung bestehe unter anderem darin, Berufs- und Privatleben zu trennen, wenn das Umfeld dasselbe bleibt, und sich ausreichend Bewegung in den Alltag einzubauen. Eine gesundheitsbewusste Führung auf Distanz werde dabei ebenso wichtig wie die digitale Qualifizierung der Belegschaft, heißt es weiter vonseiten des Dachverbands der BKK. Führungskräfte seien gefragter denn je, Sicherheit und Zuversicht zu vermitteln.
Dafür stehen zahlreiche Hilfsangebote zur Verfügung: Um die seelische Gesundheit in den Betrieben zu verbessern, bietet das Projekt „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“ unter pysga.info kostenlose Materialien für Unternehmen und Führungskräfte, die als Beratende im BGM-Kontext agieren. Zielgruppenspezifische Fragestellungen und Praxistipps geben Hilfestellung, um gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen zu gestalten. Auch die Koordinierungsstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) informiert und berät Unternehmen.
BGM-Beratung
Aufgrund der langjährigen Unternehmensberaterpraxis in Kombination mit der internen Managementrolle und dem notwendigen Know-how bei der Umsetzung bietet die SWB AG eine BGM-Beratung für interessierte Unternehmen an (www.swb.de/bgm). Ziel dabei ist es, Unternehmen bei ihrem Vorhaben zu unterstützen, ein nachhaltig wirksames BGM aufzubauen mit dem klaren Ziel, auch die Fehlzeitenentwicklung positiv zu beeinflussen.
Bei der SWB AG habe die Schaffung einer unternehmensinternen digitalen BGM-Plattform die Akzeptanz und Neugier gegenüber verhaltenspräventiven Angeboten erhöht und sich in der Krise bewährt, führt Burkhard Knoch an. „Eine Umfrage unter 700 Mitarbeitern drei Monate nach dem Lockdown hat hervorgebracht, dass die Kommunikation um 10 bis 15 Prozent besser bewertet wurde als noch vor einem Jahr“, sagt der Gesundheitsexperte. Aktuell werde eine neue Konzernbetriebsvereinbarung zu mobiler Arbeit erstellt, die eine Gefährdungsbeurteilung für Heimarbeitsplätze vorsieht. „Es muss eine Bestätigung vonseiten des Arbeitnehmers erfolgen, dass alles rund ist – von der allgemeinen Ausstattung des Arbeitsplatzes bis hin zur Gestaltung der Pausen. Wir hebeln damit die Selbstverantwortung der Beschäftigten nicht aus, ganz im Gegenteil: Diese zu fördern, ist das Kernanliegen eines guten betrieblichen Gesundheitsmanagements, wie wir es verfolgen.“