„Das Nichtwissen um die Gefahren unsachgemäßer Reinigung ist weitverbreitet“

Arbeitgeber sind für den Zustand der Persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) verantwortlich. Dass dazu auch die richtige Reinigung und Wartung gehören, ist vielen Betrieben aber nicht bewusst, glaubt Werner Münnich, Leiter des Produktmanagements bei CWS-boco Deutschland und Sprecher der Fachgruppe PSA im Wirtschaftsverband Textil Service (WIRTEX).

Persönliche Schutzkleidung muss regelmäßig gereinigt und gepflegt werden. Was passiert, wenn dies nicht geschieht?

Münnich: Ganz allgemein gesprochen: Die Schutzfähigkeit der Persönlichen Schutzausrüstung kann verloren gehen und zu einer Gefahr für die Träger werden.

Der Arbeitgeber muss die PSA zur Verfügung stellen. Ist er auch dafür verantwortlich, dass die PSA in einwandfreiem Zustand ist?

Münnich: Ja. Die Betriebe sind dafür verantwortlich, dass die PSA regelmäßig gewartet werden. Die PSA-Verordnung regelt, unter welchen Bedingungen eine PSA auf den Markt gelangen darf. Die Benutzerverordnung legt fest, dass die PSA während der Nutzungsdauer in einwandfreiem Zustand sein muss. Das heißt im Umkehrschluss: Kommt es zu einem Arbeitsunfall, weil die PSA durch mangelhafte Reinigung oder Wartung ihre Schutzfunktion eingebüßt hat, haftet der Arbeitgeber.

Regelt die Benutzerordnung auch, in welchen Intervallen die PSA gewaschen oder gewartet werden muss?

Münnich: Nicht direkt. In der Normprüfung werden, entgegen der Praxis, größtenteils nur fünf Waschintervalle berücksichtigt. Die Hersteller müssen aber angeben, ab welcher Anzahl von Wäschen die Schutzfunktion des eingesetzten Materials nachlässt und unter die Mindestanforderung der Norm fällt. Das kann ganz unterschiedlich sein. Denn das Reinigungs- und Prüfungsintervall richtet sich nach dem Produkt und dem Einsatzgebiet. Ein Maleranzug muss natürlich anders und in einem anderen Intervall gereinigt werden als Hitze-/Flammschutzkleidung oder eine Warnweste.

Schutzkleidung kann man wahrscheinlich nicht einfach in die Waschmaschine werfen. Was müssen Firmen beachten, die ihre Schutzkleidung selbst waschen wollen?

Münnich: Theoretisch kann jeder Schutzkleidung oder PSA reinigen. Da gibt es keine Vorgaben. Aber man muss schon darauf achten, dass es richtig gemacht wird. Werden zum Beispiel bei Hitz-/Flammschutzkleidung Ölreste nicht richtig entfernt, können sie sich beim nächsten Einsatz entflammen. Eine größere Schwierigkeit stellt aber das Trocknen der PSA dar. Je nachdem welche PSA gereinigt wird, braucht diese eine bestimmte Temperatur zum Trocknen, damit die Schutzfunktion nicht verloren geht. Wird zum Beispiel ein Chemikalienschutzanzug falsch getrocknet, kann die schützende Imprägnierung verloren gehen. Oder zu heiße Temperatur bei einer Warnweste kann  die Leuchtfähigkeit der Reflektoren negativ beeinflussen. Die Schutzfunktion wäre dahin. Es macht also auf jeden Fall Sinn, PSA und Schutzkleidung von Profis reinigen zu lassen.

Werner Münnich
Werner Münnich ist Leiter des Produktmanagements bei CWS-boco Deutschland und Sprecher der Fachgruppe PSA im Wirtschaftsverband Textil Service (WIRTEX). Foto: CWS-boco

Jetzt hat nicht jedes Unternehmen eine eigene Wäscherei im Haus. Wie können Betriebe sicherstellen, dass ihre Beschäftigten nur PSA tragen, die auch regelmäßig gereinigt wurde und entsprechend sicher ist?

Münnich: Es gibt Full-Service-Dienstleister bei denen die PSA gemietet werden kann. Der Dienstleister holt die schmutzige PSA ab und tauscht sie gegen saubere aus. Das Unternehmen muss sich um nichts weiter kümmern und hat zusätzlich die Gewissheit, dass die PSA immer in einem Top-Zustand ist.

Worauf sollten Unternehmen achten, wenn sie einen Dienstleister engagieren wollen?

Münnich: Leider gibt es kein spezielles Zertifikat, nach dem man sich richten kann. Unternehmen sollten deshalb darauf achten, ob der Dienstleister validierte Abläufe hat. Zu den Prüfkriterien zählt auch, ob Parameter wie regelmäßige Kontrollen nach dem Waschen gemacht werden. Wer sich nicht sicher ist, kann sich beim Wirtschaftsverband Textil Service – kurz Wirtex – informieren. Alle Mitgliedsunternehmen erfüllen die genannten Kriterien. Zusätzlich kontrollieren sie die PSA regelmäßig nach der Wäsche auf ihre Funktionsfähigkeit.

In welchen Intervallen waschen Mietdienstleister?

Münnich: Professionelle Textildienstleister machen im Vorfeld ausgiebige Waschtests und andere Tests von der Schutzkleidung, die eingesetzt werden soll. Auf diese Weise ermitteln sie die maximale Umlaufzahl und Funktionsfähigkeit. Idealerweise sollte Schutzkleidung wöchentlich wieder aufbereitet werden.

Eine letzte Frage: Ist unsachgemäß gereinigte PSA wirklich so ein großes Problem? Offizielle Zahlen gibt es dazu nicht.

Münnich: Ja, das stimmt. Es gibt keine Zahlen zum unsachgemäßen Einsatz von PSA. Leider wird bei der Unfallaufnahme fehlerhafte PSA als Ursache nicht immer berücksichtigt. Deshalb gibt es hier eine große Dunkelziffer. Meinem Bauchgefühl nach ist es aber schon ein Problem. Dabei ist egal, wie groß ein Betrieb ist. Unsachgemäß gereinigte PSA findet sich in Betrieben aller Größen und Arten. Das Nichtwissen um die Gefahren der unsachgemäßen Reinigung ist meinem Eindruck nach noch weitverbreitet.

Ein Artikel von
Falk Sinß

8. Dezember 2016

Kategorie

Wissen