Strategiepapier – Robotik und Automation 2028

Stärkerer Einsatz von Robotik und Automation soll den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken. Ein Strategiepapier zeigt die möglichen Wege auf.

Text: Redaktion PRÄVENTION AKTUELL

Der Fachverband Robotik + Automation des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA) hat kürzlich das Strategiepapier „Robotik und Automation 2028“ vorgelegt, das die deutsche Wirtschaft zukunftsfähig machen soll.

Die Robotik und Automation in Deutschland bildet laut VDMA einen einzigartigen Verbund aus Technologieunternehmen. Dieser umfasst hochinnovative kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der Bildverarbeitung und Automation bis hin zu global führenden Robotik- und Automatisierungs-Champions. Dieses Ökosystem sei Motor für Deutschlands Technologieführerschaft, spiele eine Schlüsselrolle für die ­Produktivität und Souveränität der deutschen Wirtschaft und sei damit wichtiger Wegbereiter für eine sichere, umweltverträgliche und wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft.

Automatisierungslösungen helfen, Photovoltaik, Wärmepumpen, Brennstoffzellen, Elektrolyseure und andere Transformationstechnologien schneller und günstiger zu produzieren. Kollaborative Roboter arbeiten Hand in Hand mit Fachkräften in Laboren, entlasten diese in der Hotellerie und Pflege und ermöglichen trotz demografischen Wandels eine hohe Lebensqualität. Künstliche Intelligenz (KI) hilft ­Robotern, zu sehen, zu fühlen und zu navigieren.

Dabei steht Deutschland in einem intensiven Technologie- und Standortwettbewerb mit führenden Robotik-Nationen wie Japan, Korea, USA und China. Diese Länder würden laut VDMA ihre Robotik-Champions durch staatliche Subventionen, Wagniskapital und Industriepolitik unterstützen und so globale Technologieführer aufbauen.

Um die Schlüsseltechnologien zu stärken, setzt sich der VDMA bis 2028 zwei Ziele:

1. Als Technologieführer für Industrieroboter wächst die deutsche Robotik und Automation bis 2028 schneller als der vergleichbare Weltmarkt. Als Kenngrößen dienen „Roboterdichte“, „Industrieroboterbestand“ und „jährliche Neuinstallationen von Industrierobotern“ im Vergleich zu den wichtigsten Wettbewerbsregionen.

2. In der Service-Robotik wird Deutschland bis 2028 Technologieführer in Anwendungsfeldern wie Transport und Logistik, Laborautomation, Hotellerie und professioneller Reinigung und skaliert diese erfolgreich im europäischen und internationalen Markt.

Um diese Ziele zu erreichen, nennt das Strategiepapier folgende Handlungsempfehlungen:

1. Kreativität durch Talente
In die Ausbildung und Anwerbung von Talenten in Robotik, Automation und Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz muss gezielt investiert werden. Dafür muss die Neugier und Begeisterung für MINT-Fächer wiedererweckt werden. Schulen benötigen ein verpflichtendes Fach „Technik“ und die durchgehende Belegung von mindestens zwei MINT-Fächern. Zusätzlich muss die technische Ausstattung verbessert werden. Technik soll Spaß machen und schon den Kleinsten zugänglich gemacht werden. Hochschulen sollen attraktive Studienangebote in Robotik und Automation ausbauen, um die Zahl der Studienplätze bis 2028 zu verdoppeln und die Absolventenzahlen zu erhöhen.

2. Innovation als Schlüssel
Die Spitzenforschung muss durch den weiteren Ausbau von Forschungsfeldern in Robotersicherheit, Mensch-Roboter-Kollaboration und Künstlicher Intelligenz gestärkt werden. Das Volumen nationaler Forschungsprogramme muss deutlich erhöht werden.

Schneller Fortschritt in Zukunftsfeldern wie Künstlicher Intelligenz und die Erschließung ihrer Potenziale erfordern den Zugang zu Daten. Manufacturing X (selbstbestimmtes Datenökosystem für die Industrie) ist hierbei von strategischer Bedeutung. Die marktorientierte Anwendung von Innovationen soll durch den Aufbau von Roboter-Plattformen für drei bis fünf Anwendungsfelder wie Laborautomation oder Brennstoffzellenproduktion beschleunigt werden. Dazu sind einfache und niederschwellige Förderinstrumente nötig. Angebote mit geringem administrativen Aufwand wie das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) oder die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) müssen ­ausgebaut werden.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) muss den Ausbau der Robotik und Automation zur Chefsache machen. Dies erfordert den Aufbau weiterer Kompetenzen im BMWK, beispielsweise durch die Einrichtung eines eigenen Referats oder einer Stabsstelle.

3. Qualität durch Standards
Harmonisierte Standards sichern Qualitätsführerschaft, schlanke und anwendungsfreundliche Regulierung sorgt für Agilität auf den Märkten. Dafür müssen Regulatorik, Zertifizierungen und Zulassungsverfahren in der Robotik und Automation schlanker und praxisgerechter werden. Das Leistungspotenzial von Robotern muss erhöht und gleichzeitig der Zertifizierungsaufwand gesenkt werden.

Wo möglich, müssen Zulassungen über Selbstzertifizierungen umgesetzt werden. Reallabore (Regulatory Sandboxes) können helfen, die Marktreife neuer Technologien und Anwendungen unter realen Bedingungen zu testen und eine Skalierung am Markt signifikant zu beschleunigen. Positivbeispiele für globale Normen sind die ­Sicherheitsnormen ISO 10218 für Industrie-Robotik beziehungsweise ISO 13482 für die Service-Robotik. Deutschland muss auch seinen Einfluss in den internationalen Normierungsgremien weiter ausbauen.

4. Souveränität und globaler Standortwettbewerb
Deutschland und Europa sind einem aggressiven globalen Standortwettbewerb und Druck durch industriepolitische Eingriffe führender Industrienationen ausgesetzt. Diese Maßnahmen führen zu signifikanten Kostennachteilen, die die Souveränität und Resilienz der Produktionskapazitäten in Deutschland und Europa massiv gefährden. Insbesondere die erfolgreiche Skalierung von Zukunftstechnologien wie Photovoltaik, Brennstoffzellen und Elektrolyseuren benötigen schnelle und entschiedene industrie-, finanz- und steuerpolitische Antworten auf den globalen Standortwettbewerb.

Wenn hier nicht schnell gehandelt wird, wird es keine Produktion dieser Zukunftstechnologien in Deutschland geben. Programme wie der Inflation Reduction Act der USA oder der Fünfjahresplan für Robotik der Volksrepublik China beeinflussen Investitions- und Standortentscheidungen von produzierenden Unternehmen massiv. In der Photovoltaik und der Batteriezellenfertigung hat China durch staatliche Programme und Subventionen bereits eine dominante Position erreicht.

In jährlichen Bestandsaufnahmen zusammen mit der Politik will der VDMA seine Handlungsempfehlungen kontinuierlich evaluieren und bei Bedarf nachschärfen.